Donnerstag, 24. April 2014

Die Anklage

191 Millionen Euro Schaden und 1.273.970 Opfer?



Die Anklageschrift der Wiener Staatsanwaltschaft gegen die mutmaßlichen Hintermänner (es gilt die Unschuldsvermutung) R.F.M. und Mag. S.K. liest sich wie ein Krimibestseller:

Der Schaden soll sich auf mehr als 191 Millionen Euro belaufen und es sollen mehr als 1,2 Millionen Opfer sein, die von den vorgehaltenen Taten betroffen sind.
Schenkt man den "Gerüchten" Glauben, die man sich in der Branche erzählt, dann ist das aber nur die Spitze eines Eisberges, der mehrere Millionen Betroffene und mehrere hundert Millionen Euro unter sich begräbt.
Nur, dass diese Gerüchte eben nur Gerüchte sind.

Fakt ist hingegen, dass die Wiener Staatsanwaltschaft den beiden Hauptangeklagten einen ungeheuren Betrug vorwirft:
(Die Namen und persönliche Daten wurden von uns nachträglich geschwärzt und nur die ersten beiden Seiten von insgesamt 117 genommen)





Sollten sich die Ausführungen des Anklägers bewahrheiten, dann stellt der Umfang dieser Anklage alles bisher dagewesene in den Schatten! In den uns vorliegenden Gutachten zum gegenständlichen Fall werden Zahlen genannt, die man sich nur schwer vorstellen kann: so sollen zum Beispiel mehrere hundert Millionen (!) Abbuchungsversuche vorgenommen worden sein und eine Unzahl von Scheinfirmen, Strohmännern und -frauen und Mittelsmännern und -frauen für den "reibungslosen" Ablauf des "Geschäftsmodells" gesorgt haben.

In einer uns ebenfalls vorliegenden Gegenäußerung eines Anwalts der beiden Angeklagten werden die Vorwürfe als "haltlos", "lächerlich" und gleich in Bausch und Bogen als eine Art "Verschwörung" dargestellt. Was an sich schon ein wenig schmunzeln lässt: eine Verschwörung von 1,2 Millionen Menschen?

Die beiden Angeklagten mussten zudem bereits rund ein Jahr in Untersuchungshaft verbringen, die bekannterweise nur dann verhängt wird, wenn gelindere Mittel nicht ausreichen. Da beide zudem unbescholten sind, sozial gut integriert sind und natürlich Beschwerden gegen die U-Haft eingebracht haben (denen der Erfolg vom Oberlandesgericht verwehrt wurde) und trotzdem eine so lange Zeit in Untersuchungshaft verbleiben mussten, lässt das natürlich einen Rückschluss auf die Beweislage zu, denn sonst hätte das Gericht nicht einer derart langen Haft zugestimmt.

In der Anklage wird sehr plausibel, in einfachen Worten und mit harten Zahlen untermauert ein Großteil dessen wiedergegeben, was bereits Jahre zuvor die anonymen Betreiber des Blogs "das Wiener Karussell" beschrieben haben.

Was nicht in der Anklage steht, aber erwähnt werden muss:

Viele der Betroffenen, die wir an dieser Stelle Opfer nennen, sind in einem Alter von über 70 Jahren. Und ein großer Teil davon lebte jahrelang in Angst vor dem nächsten Anruf, weil die skrupellosen Betreiber diverser Callcenter rücksichtslos und fallweise mit Drohungen, Einschüchterungen und Lügen immer wieder angerufen haben um sich das nächste "JA" zu ergaunern.
Auch nicht erwähnt wird, dass es teilweise zu monatlichen Abbuchungen in Höhe von mehreren hundert Euro gekommen ist und die Opfer dann tatsächlich nichts zu essen kaufen konnten, die Miete nicht mehr bezahlen konnten und in einer regelrechten Abwärtsspirale gefangen waren.
Viele schämten sich ob ihrer vermeintlichen Dummheit, fühlten sich unwert und haben die Freude am Leben verloren.
Die Menschen, denen wir es zu verdanken haben, dass wir heute in Wohlstand leben können, die für uns gearbeitet haben und auf so vieles verzichtet haben, damit wir ein besseres Leben haben, diese Menschen wurden richtiggehend ausgeraubt und teilweise von einer Hand in die nächste weitergereicht, bis nichts mehr zu holen war.

Die für diesen Wahnsinn Verantwortlichen haben es sich zu Nutze gemacht, dass unsere Eltern und Großeltern in einer Zeit gelebt haben, in der das gegebene Wort einen Wert hatte und es schlicht unvorstellbar war, dass man am Telefon belogen wird. Es ist nicht Gutgläubigkeit gewesen, die unsere ältere Generation zu Opfern gemacht hat: es waren die Ehrlichkeit und die Moral unserer Eltern und Großeltern, die von den Tätern ausgenutzt wurden.

Eine große Mitschuld an diesem Disaster haben auch die Banken, die von sich aus nicht tätig wurden und an jeder Lastschrift mit verdient haben - obwohl die massenhaften Rücklastschriften jedem zu Denken gegeben hat und natürlich die Politik, die die Warnzeichen ignoriert hat und in unverantwortlicher Weise seit Jahren es verabsäumt, die Bürger zu informieren: anstatt Millionen und Abermillionen dafür auszugeben, seit Jahren immer wieder die nächste nahezu gleichlautende Umfrage zum gleichen Thema zu starten und dabei dasselbe Ergebnis wie zuvor zu bekommen (nämlich, dass diese Art der Kriminalität längst kein "Einzelfall" mehr ist) könnten für das gleiche Geld unzählige Einschaltungen in den Medien getätigt werden, die warnen und Informationen bieten, die auch Sinn machen.
Zudem sind die Mitarbeiter der alteingesessenen Konsumentenschutz-einrichtungen teilweise völlig überfordert und unausgebildet, was zusätzlich zu falschen Informationen geführt hat. 

All diese Umstände sind aber nicht nur uns bekannt, sondern natürlich auch den Tätern - die dieses Wissen schamlos ausnützen.

Das zeigt auch die Anklage, die sehr präzise beschreibt, wie einzelne Unternehmen in einem ganzen Verbund nur zu dem Grund da waren, um eine Art "Puffer" zu den Behörden zu schaffen: kam eine Anfrage wegen einer Anzeige oder ein Auskunftsbegehren, dann wurde darauf verwiesen, dass man nur "Dienstleister" sei und nichts zu dem beschwerten "Geschäftsmodell" sagen kann. Ja eigentlich kennt man die Personen, die hinter den illustren Firmennamen aus Panama oder den British Virgin Islands ja gar nicht - man sei eben nur ein Dienstleister und sonst nichts.
Allerdings hat einer der Beschuldigten bereits sehr umfangreich zugegeben, dass dies nur Schutzbehauptungen waren um die Ermittlungen schlicht zu sabotieren: eine Auskunft wegen einer "Firma" zum Beispiel in Panama zu bekommen stellt wahrlich eine Herausforderung für die Ermittlungsbehörden dar, die dann immer wieder dazu führte, dass die Verfahren eingestellt wurden. Oder versuchen Sie einmal eine Auskunft über ein Konto in Hongkong zu bekommen...

Die Anklage führt hier sehr augenscheinlich vor, dass sich die Beteiligten sehr wohl kannten und manches Mal sogar im selben Büro saßen, während man nach außen hin keine Ahnung hatte, wer hinter der nächsten "LTD" steckt.

Ein Teil des Firmengeflechts wird ausgebreitet zum Beweis dafür, wie raffiniert hier gearbeitet wurde. Stiftungen aller Orts mit befreundeten oder bezahlten Mitgliedern im Vorstand sind ebenso an der Tagesordnung, wie eine ganze Reihe von Scheinfirmen, die mit gefälligen Strohleuten besetzt wurden - wobei bei einigen davon die Phrase von "dumm wie Stroh" eine neue Bedeutung bekommt.

Telefonüberwachungsprotokolle, ausgewertete E-Mails und viele Zeugenaussagen zeichnen ein Bild davon, wie skrupellos geplant und umgesetzt wurde. Der Begriff des Unrechtsbewusstseins hat hier bei den Beschuldigten offenbar nur einen deklarativen Wert, einen inhaltlichen gibt es nicht, weil es schlicht nicht vorhanden ist.

In der Anklage wird auch auf bereits zu dieser und mit dieser Causa verbundenen Verfahren in Deutschland hingewiesen, wo es bereits zu rechtskräftigen Verurteilungen in Form von langjährigen Haftstrafen gekommen ist, genauso, wie auch auf noch laufende, die ähnlich umfangreich sind, wie das nun vorliegende.

Auch hier haben die anonymen Blogger von "Das Wiener Karussell" eine fast prophetische Wahrnehmung gezeigt, weil die Gruppe rund um die berüchtigte TFH AG aus Deutschland genau wegen der Verbrechen verurteilt wurden, die Ihnen bereits Jahre zuvor von den Autoren vorgehalten und mit Fakten (wie sich später herausstellte) untermauert wurde.


Sehen und hören wir uns den nun beginnenden Prozess wegen des Vorwurfes des Betruges mit mehr als 191 Millionen Euro Schadenssumme und mehr als 1,2 Millionen Opfern an...