Reibeholzspiele und "redaktionelle Fehler"
Der zweite Verhandlungstag
Fortgesetzt wird
mit der Einvernahme von Mag. K. durch den Staatsanwalt.
Mag. K. wirkt an
sich zu Beginn selbstbewusster als am Vortag: fast ein wenig trotzig
und wird im Zuge der Einvernahme von seinem Verteidiger auch einmal
in die Sachlichkeit der Thematik - nach einer überraschend
emotionalen Antwort an den Staatsanwalt - zurückgeholt.
Es wird sehr
penibel in äußerst kleinen Schritten vorgegangen. Der Vorsitzende
ergänzt die Fragestellungen und achtet sehr genau auf
Waffengleichheit und Fairness und auch darauf, dass langsam Punkt für
Punkt vorgegangen wird. Und er zeigt einmal mehr, dass er sich sehr
penibel in den Akt eingelesen hat.
Primär geht es
erst um die Kostenschwerpunkte (EDV und Personal verursachten lt.
Mag. K. die höchsten Kosten letztlich bei einer Marge von rund 20%),
um den Abrechnungsmodus mit den Produktgebern und um die in diversen
Verträgen mit Produktgeber mutmaßlich sehr problematisch
scheinenden Gewährleistungen, die die Luck24 übernommen hat.
Dies wird von Mag.
K. als (gemeint offenbar fahrlässiger…) redaktioneller Fehler, der
bei Übernahme von Vertragsmustern passiert ist, erklärt (Anmerkung:
der Meinung eines Sachverständigen nach ist das natürlich ein
Fehler, der betriebswirtschaftlicher Selbstmord sein kann, abgesehen
davon, dass man sich gerade die crucial points der Verträge,
insbesondere die Verpflichtungen, die man eingeht, als
Geschäftsführer schon sehr genau anschauen muss – Stichwort
Sorgfaltspflicht.).
Danach steht das
Thema „Kontrolle durch einen Notar“ am Programm:
Mag. K. behauptet, dass dies in keinem der Gesprächsleitfaden vorgekommen wäre, was allerdings durch Vorhalt diverser Aktstücke vom Staatsanwalt umgehend widerlegt werden kann. Für diese Kontrolle (in einem Fall ist die Kontrolle durch einen Rechtsanwalt anstatt eines Notars vorgesehen) sieht Mag. K. offenbar eher die Produktgeber und nicht sich selbst oder die Luck24 als verantwortlich an.
Mag. K. behauptet, dass dies in keinem der Gesprächsleitfaden vorgekommen wäre, was allerdings durch Vorhalt diverser Aktstücke vom Staatsanwalt umgehend widerlegt werden kann. Für diese Kontrolle (in einem Fall ist die Kontrolle durch einen Rechtsanwalt anstatt eines Notars vorgesehen) sieht Mag. K. offenbar eher die Produktgeber und nicht sich selbst oder die Luck24 als verantwortlich an.
Danach erfolgt eine
umfangreiche Aufarbeitung der so genannten „Reibeholz“ Spiele,
die ursprünglich offenbar vom Produktgeber THF AG „erfunden“
und zur Programmierung in Auftrag gegeben worden seien.
Zwischen der TFH AG
und der Luck24 war scheinbar vereinbart, dass eine Recherche nach
tauglichen „besten“ mindestens 200 Spielen im Internet gar nicht
erst erfolgen müsse – so der Vorhalt - sondern durch die Luck24
ausschließlich eine Eintragung in von der TFH AG vorgegebene und von
ihr über einen Subunternehmer geschaffene Spiele erfolgen soll.
Dabei stellt sich
natürlich neben der Frage des Leistungsumfanges der Luck24 an sich
u.a. auch die Frage nach der Notwendigkeit z.B. eines
Reportingsystems, da der Produktgeber ja vorweg weiß, in welche
(nämlich in seine selbst vorgegebenen) Spiele die Luck24 die
Kunden eintragen würde. Dieses System wurde dann laut Ankläger auch
bei einer gewissen Anzahl anderer Produktgeber zur Anwendung
gebracht.
Nach Aussage Mag.
K. schien ihm das zu Anfang unbedenklich, er hätte erst in weiterer
Folge bemerkt, dass die Preise offenbar minderwertiger als die
recherchierten wären und es unter anderem deshalb in diesem
Zusammenhang zu überdurchschnittlich hohen Beschwerden und
Polizeianfragen - vor allem auch bei den Produktgebern kommen würde
bzw. kommen könnte.
Daher hätte er,
weil man „nachher ja immer gescheiter“ sei, diese Praxis umgehend
eingestellt. Mag. K. betont, dass er, nachdem er entsprechende nicht
gerade erfreuliche Erfahrungswerte mit dieser Praxis sah, eine
erhöhte Anzahl von Behördenanfragen bereits präventiv
ausschließen wollte.
Diese überaus interessante Darstellung hat auch Eingang in die Protokollierung gefunden...
Diese überaus interessante Darstellung hat auch Eingang in die Protokollierung gefunden...
Der Staatsanwalt
legt in diesem Zusammenhang u.a. Korrespondenz zwischen den
Mitarbeitern Mag. K.s untereinander, die mindere Qualität der Preise
betreffend vor, wobei sich die Frage stellt, ob Mag. K. davon gewusst hat oder
nicht (Vorsitzender: Sie kennen den Satz: „Vertrauen ist gut
Kontrolle ist besser….“); evident ist auch, und das wird vom
Vorsitzenden festgestellt, dass die Luck24 die Praxis der Eintragung
in vorgegebene generierte Spiele zwar zu einem gewissen Zeitpunkt
wieder beendet, für die TFH AG jedoch auf deren Auftrag - trotz
Wissens um die Problematik - mindestens noch ein halbes Jahr
weitergeführt hat.
Hier noch ein Artikel der Kollegen von der "Krone":
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Zur Erläuterung - Beschäftigen wir uns kurz mit der TFH AG:
Hier noch ein Artikel der Kollegen von der "Krone":
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Quelle: Kronen Zeitung Printausgabe vom 24.04.2014 |
Zur Erläuterung - Beschäftigen wir uns kurz mit der TFH AG:
In der
Anklageschrift zum gegenständlichen Prozess wird vom Ankläger ab
Seite 100 auf die TFH AG unter dem Kapitel „F. AUSLÄNDISCHE
ERMITTLUNGSVERFAHREN“ ausführlich eingegangen.
Neben einer
Aufzählung der „Produkte“ die von der TFH AG beworben und
vertrieben wurden, werden auch die Strukturen in der Geschäftsleitung
und im Vertrieb aufgelistet. Unter anderem wird die Luck24 als
Abwickler der Produkte genannt.
Unter „Gegenstand
der Ermittlungen“ wird unter anderem aufgeführt, dass zahlreiche
Anzeigen zum Inhalt hatten, dass eine Einwilligung zur Teilnahme an
den Gewinnspielen (Produkten) gar nicht vorlag. Dies wird auf eine
sogenannten „Negativverkauf“ zurückgeführt.
Definition
„Negativverkauf“ in der Anklageschrift:
Von den Mitarbeitern der Callcenter wurden Personen (zumeist im Rahmen einer Kaltakquise, d.h. Ohne vorher erfolgter Zustimmung) angerufen, deren Auswahl über ein Computerprogramm erfolgt, wobei gleichzeitig in einer Computer-Maske Daten dieser Personen erscheinen. Zeil der Anrufe war es, die angerufenen Personen zur verleiten, die Kontoverbindung preiszugeben. Eine Möglichkeit bestand darin, zu behaupten, der Angerufene nehme seit längerem gratis an einem Gewinnspielservice teil. Da diese Dienstleistung nun aber in die kostenpflichtige Phase komme, könne der Angerufene entscheiden, ob er das Service – gegen Entgelt – weiter in Anspruch nehmen oder zum nächstmöglichen Termin kündigen wolle, wobei der nächstmögliche Kündigungstermin erst in x-Monaten sei. Der (scheinbare) Kunde antwortet darauf in 99% der Fälle, er habe nicht an einem Gewinnspiel teilgenommen und möchte dies auch in Zukunft nicht tun. Daraufhin erklärte der Call-Agent, dass er in einem solchen Fall die Kündigung sogleich telefonisch aufnehmen werde.
Etwas später folgt ein zweiter Anruf, der als Quality Call (in Folge QC) bezeichnet wird und vorgeblich primär den Zweck erfüllen soll, die Zufriedenheit des Kunden und den Ablauf der ersten Unterhaltung zu evaluieren, sowie die erfolgte Kündigung zu bestätigen. Der QC wird unter der Behauptung von „Schulungszwecken“ mit Zustimmung des Gesprächspartners aufgezeichnet. Im Verlauf des aufgezeichneten Gespräches wird der Kunde aufgefordert, die an ihn gestellten Frage bloß mit einem "Ja“ oder „Nein“ zu beantworten. Zudem wird dabei obligatorisch nach den Kontodaten zwecks eines Abgleiches gefragt, weil dies zu einer Kündigung des Abonnements zwingend erforderlich sei, da ansonsten im nächsten Monat ein Teilnehmerbetrag abgebucht werden müsse.In Wahrheit wird das aufgenommene Gespräch derart gestaltet, dass dieses am Ende einen vom Kunden gar nicht intendierten (Anmerkung Redaktion: gewollten) Vertragsabschluss darstellt.
Zu diesem Ergebnis gelangt der Call-Agent, indem er mit sehr schnellem Sprechtempo das Gespräch so führt, dass der Kunde diesem kaum mehr folgen kann und die an ihn gestellten Fragen – im Glauben es handle sich um die von ihm beabsichtigte Kündigung – wie im Vorfeld besprochen mit "Ja" beantwortet und bereitwillig seine Bankverbindung und die Kontodaten bekannt gibt.
Im Falle einer Reklamation, man habe doch keinen Vertrag geschlossen, wird auf die Telefonaufzeichnung verwiesen, die isoliert betrachtet einen Geschäftsabschluss darstellt. (Dies – so die Ausführungen des StA im Eingangsplädoyer zu Beginn dieses Hauptverfahrens – auch deshalb, da die Aufzeichnung auch kurz vor Schluss des Telefonats beendet wird und somit offenbar nicht das gesamte Gespräch auf der Aufnahme aufscheint.)
Soweit die
Definition des „Negativverkaufes“ in der Anklageschrift, beziehungsweise im Eingangsplädoyer des Staatsanwalts.
Weiters führt die
Staatsanwaltschaft zur „Geld-zurück-Garantie“ in der Causa TFH
AG aus:
Auch die Produkte der TFH AG sahen eine GZG vor. Es war jedoch zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, den Kunden ihren Spieleinsatz tatsächlich zurückzuzahlen. Aus diesem Grund kam man mit den Verantwortlichen der Luck24 überein, die Daten jener Kunden, die die Garantie eingefordert haben, an die TFH AG weiterzuleiten, damit diese zur Umgehung der GZG einen Gutscheinversand vornehmen können.
Das Landgericht Bielefeld verurteilte die Angeklagten in der Kausa TFH AG mit Urteil vom 12.09.2012 wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges zu mehrjährigen Haftstrafen.
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Soweit an Abriss
zur TFH AG, die am zweiten Tag immer wieder thematisiert wurde.
Die Verhandlung
wurde nach Ende des heutige Tages vertagt – die Prozesstermine
werden wir bekannt geben.